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Politik

Demokratie gegen die Erderwärmung

Die Zivilgesellschaft soll im Mittelpunkt der Debatte über den Kampf gegen die globale Erwärmung stehen. Das ist das Ziel der luxemburgischen Regierung. Dafür rief sie einen Bürgerrat mit dem Namen „Klima Biergerrot" ins Leben.


T eil der Initiative sind 100 Personen, die in Luxemburg leben oder arbeiten. Sie wurden zusammengebracht, um über das Thema Umwelt und Klimawandel zu diskutieren. Die Auswahl der Mitglieder aus der gesamten Bevölkerung von „Klima Biergerrot” erfolgte anonym Ende 2021. Seit Januar 2022 berät und diskutiert das Gremium.

Die erste ihrer Art

Die Besonderheit der Initiative ist, dass alle Bürgerinnen und Bürger einbezogen werden. Auch Menschen, die nicht die luxemburgische Staatsbürgerschaft besitzen, können teilnehmen. Lisa Verhasselt, Doktorandin an der Universität Luxemburg, arbeitet bei dieser Bürgerbefragung mit der Regierung zusammen. Sie begrüßt diesen Ansatz. Die Regierung, durch den Premierminister Xavier Bettel vertreten, hat eine Vereinbarung mit der Universität Luxemburg über die Zusammenarbeit im Rahmen des Projekts der Bürgerbefragung unterzeichnet.

Laut Verhasselt war das Ziel von Anfang an, ...

„dass wir der Universität Luxemburg ermöglichen, das Projekt aus wissenschaftlicher Sicht zu verfolgen. Wir veröffentlichen Artikel und evaluieren den Prozess . Die Bilanz wird dann zeigen, was funktioniert hat und was nicht.“

Die Universität Luxemburg soll so eine wissenschaftliche Begleitung des Gremiums gewährleisten. Als Vertreterin der Universität nimmt Verhasselt an den Debatten und Treffen teil, die jeden Monat stattfinden. Sie verwaltet auch den mehrsprachigen Aspekt des Prozesses. Die Wahl fiel nicht zufällig auf sie, da sie alle für das Projekt relevanten Sprachen beherrscht – Französisch, Englisch und Luxemburgisch.

Kann Luxemburg im Kampf gegen den Klimawandel noch weiter gehen?

Die Bevölkerung soll durch das Bürgerinnen- und Bürgergremium mit in Entscheidungen der luxemburgischen Regierung im Kampf gegen den Klimawandel einbezogen werden. Auch die Personen, die an nationalen Wahlen nicht teilnehmen dürfen, sollen mitbestimmen. Dieser Aspekt ist für ein Land wie Luxemburg von großer Bedeutung, da 47,1 Prozent der in Luxemburg lebenden Personen keinen luxemburgischen Pass besitzen. Ein Aspekt, den die Organisation Rise for Climate als „Illusion von Demokratie" bezeichnet.

„Schon die Umsetzung von Klima Biergerrot ist derzeit noch sehr unklar, aber darüber hinaus besteht eines der größten Probleme darin, dass die Ergebnisse dieser Initiative einer Debatte im Parlament unterzogen werden sollen”, sagt Gilles Dacheux von Rise for Climate. „Das ist ein riesiger Witz! Es ist die Debatte und der Austausch, die es den Menschen ermöglichen, sich eine Meinung zu bilden und ihre Vorurteile abzubauen. Wenn Sie die Ergebnisse einer Bürgerdebatte einem Parlament vorlegen, das immer noch die gleichen Meinungen und die gleiche Parteilogik vertritt, ist das nutzlos.“

Ähnliches sei übrigens schon in Frankreich passiert. Dort seien die Empfehlungen des Bürgerkonvents zum Klimaschutz nicht berücksichtigt worden.

Luxemburg ist vor einem solchen Szenario nicht gefeit. Daher ist es wichtig, dass die von der Politik gemachten Versprechen wenigstens teilweise eingehalten werden, damit die Idee der inklusiven Demokratie weiter besteht. Das sieht auch Mitinitiatorin Verhasselt so:

„Ich sage nicht, dass Wahlen nicht gut sind, aber ich finde, dass diese Art von Initiative viel repräsentativer für die Bevölkerung ist. Es ist vielleicht eine sinnvolle Ergänzung zu den Wahlen, weil so auch die Vorschläge der Grenzgänger berücksichtigt werden können."

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bräuchten eine sehr starke politische Unterstützung, damit sie nicht das Gefühl bekämen, ihre Zeit verschwendet zu haben.

Die Ergebnisse von Klima Biergerrot sollten ursprünglich im September 2022 präsentiert werden. Letztlich erhielt die Initiative einen Monat mehr, um an ihren Vorschlägen zu arbeiten. Neben dem kollegialen Aspekt ist dies auch eine Möglichkeit für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer selbst, mehr über das Thema Klimawandel zu erfahren. Die einzelnen Personen können dann ihre Verwandten und ihre unmittelbare Nachbarschaft beeinflussen, zum Beispiel beim Thema Mülltrennung. Im Erfolgsfall wird Klima Biergerrot den Weg für die Institutionalisierung eines solchen Prozesses ebnen.

Bei der Initiative sollen Bürgerinnen und Bürger mit in Entscheidungen der luxemburgischen Regierung im Kampf gegen den Klimawandel einbezogen werden. Foto: Klima Biergerrot.

Quellen

  • Interview mit Lisa Verhasselt, Doktorandin an der Uni Luxemburg
  • Interview mit Gilles Dacheux, Mitglied von « Rise for Climate »